Politik

Einer wird nicht gewinnen (Oder was hilft uns die Spieltheorie?)

Wenn jeder versucht, schlauer zu sein als alle anderen - was passiert dann eigentlich?

Solche Fragen stellt die Spieltheorie.
Sie beschreibt Phänomene aus Politik und Wirtschaft und lässt sich sogar im Fußball anwenden. Nur Experimente mit echtem Geld kann sie nicht ersetzen.
Von Jürgen Kaube

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Viertes Spiel: Auktionen
oder: Der Weg in den Ruin


Der klassische Fall von spieltheoretisch analysierbaren Situationen in der Wirklichkeit sind Auktionen. Deren Regeln festzulegen ist darum auch ein genuines Betätigungsfeld von Spieltheoretikern. Um die Möglichkeiten anzudeuten: Martin Shubik von der Yale University hat sich einmal eine Auktionsregel ausgedacht, die Leute dazu bringt, für einen Euro mehr als einen Euro zu bieten. Gesteigert wird von unten in 10-Cent-Schritten, der Höchstbietende erhält den Euro, aber - und das ist die Pointe - der Zweithöchsbietende muss sein Gebot ebenfalls realisieren, ohne den Euro zu bekommen.

Das soll, könnte man vermuten, überschießendes Bietverhalten begrenzen. Tatsächlich geschieht aber dies: Tick bietet 10, Trick 20 und Track 50 Cent. Wenn jetzt Trick auf 60 Cent erhöht, hat der Auktionator schon gewonnen, denn er erlöst, wenn es dabei bleibt, 110 Cent. Aber es bleibt nicht dabei: Tick bietet 70, Track 80 und Trick 90 Cent. Will Track nun seine 80 Cent nicht verlieren, muss er auf 100 Cent gehen, doch für Trick gilt das Nämliche: Er muss jetzt 110 bieten, um einen Verlust von 90 Cent zu vermeiden. Und so weiter.

Die Moral des Spiels: Am Anfang geht es um Gewinne, am Ende nur noch um das Vermeiden von Verlusten, und das treibt, so Shubik, beispielsweise eine Rüstungsspirale über den Punkt des Gewinnenkönnens hinaus. Das Beste für alle und ein "Nash-Gleichgewicht" wäre es also, gleich zu Beginn der Auktion spränge einer auf, böte einen Euro und die Sache wäre erledigt.

Zum Weiterlesen
Andreas Dieckmann: "Spieltheorie, Einführung, Beispiele, Experimente", Rohwohlt Verlag, Reinbek 2009.
Ken Binmore: "Fun and Games. A Text on Game Theory", D.C. Heath, Lexington 1992.
Robert Axelrod: "Die Evolution der Kooperation", Oldenbourg, München 1987.
Christian Rieck: "Spieltheorie, Eine Einführung". Rieck, Eschborn 2008.

© infos-sachsen / letzte Änderung: - 12.01.2023 - 18:25