Streit um Sitzungssaal ist peinlich für die SPD

Dietmar Neuerer

22.05.2025 - 16:36 Uhr aktualisiert

Die kleine SPD-Fraktion räumt ihren Sitzungssaal nicht für die deutlich größere AfD-Fraktion. Damit erweisen die Sozialdemokraten der politischen Kultur einen Bärendienst.

Fraktionschef Matthias Miersch. Die Sozialdemokraten wollen den zweitgrößten Sitzungssaal im Reichstagsgebäude.
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Haben wir wirklich keine wichtigeren Probleme? Was sich diese Woche im Bundestag zwischen SPD und AfD abspielte, ist äußerst peinlich.

Die Sozialdemokraten weigerten sich, den zweitgrößten Sitzungssaal im Reichstagsgebäude, den sie bisher für ihre Fraktionssitzungen nutzen, an die Rechtspopulisten abzutreten. Dabei mussten die Genossen bei der Bundestagswahl kräftig Federn lassen, während sich die AfD-Fraktion verdoppelte und nun größte Schwierigkeiten hat, ihre Abgeordneten vernünftig unterzubringen. Nun hat der Ältestenrat des Parlaments entschieden - zu Gunsten der SPD.

Auf den ersten Blick mag dieser Streit wie eine Nebensächlichkeit erscheinen. Doch in Wahrheit offenbart sich hier ein unsägliches, durchsichtiges Machtspiel. Die SPD scheint offenkundig der Meinung zu sein, dass ihr alles nutzt, was der AfD schadet.

Diese Rechnung ist in der politischen Auseinandersetzung bislang nicht aufgegangen. Und sie wird jetzt erst recht nicht aufgehen, wenn man der größten Oppositionsfraktion die parlamentarische Arbeit dadurch erschwert, dass man ihre Mitglieder in einem winzigen Saal zusammenpfercht.

Selbst der ehemalige FDP-Saal ist zu klein

Der ehemalige FDP-Saal, mit dem die Partei jetzt Vorlieb nehmen muss, ist eigentlich viel zu eng. Die AfD hat vorgerechnet, dass jeder ihrer Abgeordneten darin nur rund 1,7 Quadratmeter Platz hat. Die SPD-Parlamentarier hätten in ihrem bisherigen Saal, der nach ihrem ehemaligen Vorsitzenden Otto Wels benannt wurde, dagegen jeweils knapp vier Quadratmeter zur Verfügung.

Der Ältestenrat stand somit vor der Frage, ob im Parlament noch das Prinzip der Gleichbehandlung gilt - oder ob nur noch politischer Opportunismus zählt. Dass die Union der SPD nicht dazwischenfunkte, mag dem Koalitionsfrieden dienen, dem Ansehen der Politik erweist der ganze Vorgang jedoch einen Bärendienst.

Diese absurde Form der Ausgrenzung dürfte der AfD in die Hände spielen. Sie kann erneut ihre Opferrolle voll ausspielen - und das zu Recht. Denn jedem, der die parlamentarische Arbeit kennt, ist klar: Der Fraktionssitzungsraum ist kein reiner "Versammlungsort".

Er bildet das Zentrum für die interne Kommunikation, die Strategieplanung und die inhaltliche Arbeit. Wer hier schlechtere Bedingungen hat, ist in der täglichen Arbeit benachteiligt.

Es ist deshalb höchst unfair, dass sich die geschrumpfte SPD bei der Raumvergabe nun durchgesetzt hat. Geboten wäre eine sachliche Entscheidung gewesen, die sich an der Größe der Fraktionen orientiert. Dass dies nicht geschehen ist, ist nicht gut für die politische Kultur im Bundestag.


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