Die Bundesländer ächzen unter maroder Infrastruktur und Investitionsstau in Schulen, Kitas, Krankenhäusern. Viele Länder-Chefs sind froh, dass sie dank des XXL-Schuldenpakets im Bund nun auch wieder neue Schulden machen dürfen. Doch eine BILD-Umfrage in den Staatskanzleien und Finanzministerien zeigt: Erste Länder planen die Gelder nicht für Investitionen in die Zukunft - sondern für die Unterbringung von Flüchtlingen.
Flüchtlinge warten in der Erstaufnahme-Einrichtung in Gießen (Hessen) auf die Ausgabe der Bezahlkarte
Foto: Boris Roessler/dpa
Die neuen Schulden (maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) sind nicht zweckgebunden. Einige sehen sich daher offenbar gezwungen, sie für die gigantischen Kosten für Migranten einzusetzen.
Länder zahlen jährlich viele Milliarden für Flüchtlinge
Denn auch diese Kosten erdrücken die Haushalte: Allein Bayern wendete im letzten Jahr 2,3 Milliarden Euro für Flüchtlinge auf, Hessen 1,2 Milliarden, Berlin eine Milliarde Euro! Die Hauptstadt ist so klamm, dass sie bereits einen Extra-Kredit für die "Geflüchtetenkosten" angekündigt hat.
Diese Länder sagen Ja zu neuen Schulden für Flüchtlinge
Berlin: Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (46, SPD) kündigte bereits an, Schulden für Flüchtlinge zu machen. Bis zu 1,3 Milliarden Euro sind für den Doppelhaushalt 2026/27 rechnerisch als neue Sonder-Schulden möglich.
Noch unentschieden
Hessen: Das Land plant 2025 neue Schulden von 670 Millionen Euro. Ein Sprecher zu BILD: "Die Schulden lassen sich jedoch nicht nur an einem Ausgabeposten, etwa der Flüchtlingshilfe, festmachen." Durch die Lockerung der Schuldenbremse wäre eine Milliarde möglich. Doch dazu gibt es noch keinerlei Planungen.
Schleswig-Holstein: "Eine Entscheidung der Landesregierung über die Verteilung möglicher Mittel steht noch aus", sagte eine Sprecherin. Theoretisch aufnehmen dürfte das Land 400 bis 500 Mio. Euro.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (49, CDU)
Foto: EPA
Nordrhein-Westfalen: Das Land wendet im aktuellen Haushalt die schwindelerregende Summe von 3,4 Mrd. Euro für Flüchtlinge auf. Ein Sprecher: "Über die notwendigen Aufwendungen im kommenden Jahr entscheidet der Landtag als Haushaltsgesetzgeber erst im Dezember 2025."
Niedersachsen: Das Land gibt jährlich eine Milliarde für Flüchtlinge aus, dazu kommen Kosten der Kommunen. Ob die neuen Kreditfinanzierungsmöglichkeiten in Anspruch genommen werden, "bleibt abzuwarten", so eine Sprecherin.
Saarland: 94 Mio. gibt das kleinste Flächen-Bundesland für Flüchtlinge im Jahr aus. Ob neue Schulden für den Doppelhaushalt 2026/27 gemacht werden, soll noch besprochen werden.
Bayern-MP Markus Söder (58) Freitag im Bundesrat bei der Abstimmung über das XXL-Schuldenpaket
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Diese Länder sagen NEIN
Bayern: Die 2,3 Milliarden Euro zur Unterstützung für die Kommunen bei den Flüchtlingskosten kommt aus dem Haushalt. Es laufen aktuell Beratungen zum Nachtragshaushalt für 2025. Neue Kredite durch Lockerung der Schuldenbremse lehnen die Bayern aber ab.
Sachsen-Anhalt: Die Kommunen des Landes erhielten vergangenes Jahr 146,2 Mio. Euro für z.B. Unterbringung. Der Doppelhaushalt 2025/2026 ist in Kraft, das Finanzministerium sieht keinen weiteren Handlungsbedarf.
Baden-Württemberg: 745 Mio. Euro Kosten pro Jahr! Trotzdem seien die Kosten "Stand heute vom aktuellen Haushalt abgedeckt".
Hamburg: Eine Sprecherin: "Die Kosten der Flüchtlingsunterbringung werden in Hamburg aus dem regulären Haushalt bestritten. Notfallkredite, wie sie für Berlin (...) angekündigt wurden, sind bei uns derzeit nicht geplant." Das Land zahlte 719 Mio. Euro für Flüchtlinge im Jahr 2024.
Rheinland-Pfalz: 275 Mio. Euro Flüchtlings-Kosten pro Jahr. Für den Doppelhaushalt 2025/26 sind keine Kredite beschlossen.
Sachsen (128 Mio. Euro) plant keine weiteren Schulden für Flüchtlinge.