Von Philipp Woldin
Politischer Korrespondent
Veröffentlicht am 11.07.2025
Lesedauer: 5 Minuten
Quelle: picture alliance/dpa/Matthias Balk
Am Sonntag vor einer Woche passierte an einem Waldweg im nordrhein-westfälischen Dorsten ein brutales Gewaltverbrechen. Eine Spaziergängerin fand neben einer Parkbank eine leblose 32-Jährige mit einer Platzwunde am Hinterkopf, nicht weit entfernt lag ihre kleine Tochter. Auch sie atmete nicht mehr. Wenige Tage später stellte sich ein 16-Jähriger der Polizei und gab an, an dem Doppelmord beteiligt gewesen zu sein. Viele Details des Verbrechens sind noch unklar. Täter und Opfer stammen alle aus der Ukraine.
Es sind Taten wie diese, die die aktuelle Debatte um die Sicherheitslage in Deutschland befeuern. Viele Gewalttaten passieren zwar in der Anonymität der eigenen vier Wände, gerade für Frauen und Mädchen ist ihre Wohnung nicht selten ein gefährlicher Ort.
Seit diesem Jahr benutzt das Bundeskriminalamt (BKA), das jährlich die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) veröffentlicht, eine zusätzliche Größe, die genauer Auskunft gibt, wer kriminell wird. Dazu wird die sogenannte Tatverdächtigenbelastungszahl (TVBZ) gebildet. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis der ermittelten Tatverdächtigen im Alter ab acht Jahren insgesamt, errechnet auf 100.000 Einwohner des entsprechenden Bevölkerungsanteils. Die Behörde setzt also die Zahl der Tatverdächtigen einer Nationalität mit allen Menschen in Relation, die in Deutschland leben und diesen Pass besitzen. So lässt sich zielsicherer darüber sprechen, wer die Kriminalitätszahlen in die Höhe treibt.
Der AfD-Innenexperte Martin Hess hat in einer parlamentarischen Anfrage abgefragt, wie sich die Tatverdächtigenbelastungszahl bei verschiedenen Delikten, Nationalitäten und Altersgruppen unterscheidet. Die Antwort der Bundesregierung, die WELT exklusiv vorliegt, zeigt teils große Unterschiede.
Nun entscheiden Statistiken selten (allein) über das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Gerade die Polizeiliche Kriminalstatistik bedarf einer Einordnung. Sie ist die wichtigste Annäherung an die Kriminalität in Deutschland - perfekt ist sie bei Weitem nicht. Sie bildet den jeweiligen Stand der polizeilichen Arbeit ab und erfasst nur Verbrechen, die auch angezeigt werden. Studien über das Dunkelfeld müssen diesen "Arbeitsnachweis" zwingend ergänzen. Ob der jeweilige Tatverdächtige, der erfasst wird, später auch von einem Gericht schuldig gesprochen wird, auch darüber geben die Daten keine Auskunft.
Auch die Zahlen selbst bedürfen eines genaueren kriminologischen Blicks. Etwa die Unterschiede innerhalb der Nationalitäten. Ein Faktor, der nichts verharmlosen soll, aber einen Teil der Erklärung liefert, ist die unterschiedliche Zusammensetzung nach Alter und Geschlecht: Menschen, die nach Deutschland einwanderten, sind im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung im Schnitt jünger sowie häufiger männlich und stammen aus ökonomisch ärmeren Gebieten - alles Faktoren, die es kriminologisch wahrscheinlicher machen, eine Straftat zu begehen.
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Gewalt durch Zuwanderer - und die rasant wachsende Zahl türkischer Verdächtiger
Unter den "kriminalitätsbelasteten" Nationalitäten, die hier abgefragt wurden, sind viele Zuwanderer, die erst in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind, etwa Syrer, Afghanen oder Ukrainer. Viele dieser Zuwanderer leben in den ersten Jahren in engen Asylunterkünften, oft unter prekären Bedingungen auf engem Raum - ein Nährboden für Auseinandersetzungen und Gewalt. Auch Fluchterfahrungen und die Sozialisation mit Gewalt in den Heimatländern spielen eine Rolle. Und dürfen dennoch nicht den Blick auf Fehlentwicklungen und Probleme verstellen.
Eine andere Bevölkerungsgruppe erreicht einen traurigen Höchststand:
Auch bei allen Altersklassen gibt es bei den Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität große Unterschiede:
Auch in anderen Bereichen zeigen sich beunruhigende Entwicklungen. Die TVBZ bei Ladendiebstahl liegt bei deutschen Kindern im Alter von acht bis 14 Jahren bei 409, bei Ukrainern des gleichen Alters bei 1777. Bei Rauschgiftkriminalität sind die Unterschiede weniger groß: Heranwachsende Syrer zwischen 18 und 21 Jahren weisen einen weniger als doppelt so hohen Belastungswert wie gleichaltrige Deutsche auf.