FOCUS Briefing Die Unterstützungs-Milliarden für die Ukraine: Was hat Deutschland eigentlich davon?

Thomas Tuma

Mittwoch, 17.12.2025, 06:56

Diese Woche wurde wieder über einen Frieden für das kriegsgeschundene Land verhandelt. Als Kiews zweitgrößter Geldgeber gilt die Bundesrepublik. Darf man da auch mal nach Gegengeschäften fragen?

Kay Nietfeld/dpa

Michael Harms gehört vielleicht nicht zu den allergrößten Stimmungs-Raketen im Berliner Polit-Feuerwerk. Als Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft ist er auch nicht ganz so oft gefragt wie BDI-Chef oder Arbeitgeberpräsident. Aber diese Woche hatte er doch mal eine Chance, groß rauszukommen. Völlig zu Recht.

Im Gipfel-Fieber von Friedrich Merz rund um einen möglichen Frieden für Kiew tagte nämlich auch das 8. Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum. Und bevor Ihnen jetzt endgültig die Füße einschlafen - dort ging es um die wichtige Frage: Was hat Deutschland eigentlich von dem Krieg in der Ukraine für alle seine Unterstützungs-Milliarden?

Der Kampf um die Freiheit der Ukraine kommt uns teuer

Harms hat das natürlich höflicher formuliert: "Wir würden als deutsche Wirtschaft an unseren Hilfen für den Wiederaufbau gern stärker partizipieren." Und bevor jetzt jemand empört kreischt, dass man das doch nicht fragen dürfe. Immerhin werde in Slowjansk oder Kramatorsk ja auch unsere Freiheit verteidigt - bevor die Debatte sich also wieder mit zu viel Haltung und Moral auflädt, wage ich doch mal den Einwurf: Über die geradezu bittend vorgetragene Frage von Herrn Harms sollte man dringend mal reden!

Es hat sich ja auch niemand beschwert, als Donald Trump im April einen Rohstoffdeal mit der Regierung von Wolodymyr Selenskyj abschloss, oder? Das Abkommen lässt sich auf den simplen Nenner bringen: Ihr kriegt Waffen von uns, wenn wir eure Seltenen Erden und Rohstoffe ausbeuten dürfen. Deutschland ist immerhin der größte Unterstützerstaat der Ukraine hinter den USA. Was also kriegen wir?

Offenkundig geben wir der Regierung in Kiew so viel Geld, dass wir selbst nicht mehr sagen können, wie viel es genau ist. Valide Quellen konnte ich jedenfalls gestern nicht finden, wenn man mal von bereits geleisteten bzw. zugesagten 40 Milliarden Euro für militärische Zwecke absieht. Dazu kommen seit Kriegsausbruch kolportierte 44 Milliarden Euro für zivilgesellschaftliche Hilfen, humanitäre Unterstützung und anderes.

Die Geschäfte machen eher Indien oder China

Beim Bürgergeld wird's noch diffuser, wenn auch nicht billiger. Es bedeutet weitere hohe Summen für den Regelsatz von rund 1,3 Millionen Flüchtlingen (allein 2024 waren das 6,3 Milliarden Euro) - plus Kosten für Mieten, Heizung, Kinder- und Jugendzuschläge etc. So reichhaltig hat kein anderes europäisches Land die Ukrainer bedacht. Wir kommen also unterm Strich auf über 100 Milliarden Euro.

Und dann sehe ich Herrn Selenskyj, wie er im TV-Gespräch mit Markus Lanz am Montag relativ offensiv erklärt, dass er von Deutschland jetzt endlich mal Taurus-Marschflugkörper bekommen müsse für den Krieg. Mir ist schon nicht klar, wieso wir unsere militärische Hightech in ein weiterhin ja leider recht korruptes Land schicken sollen. Da könnten wir Taurus ja auch gleich bei eBay verkloppen.

Vor allem verstehe ich nicht: Warum kauft die Ukraine bislang vieles lieber in der Türkei, Indien oder gleich in China ein statt bei uns?

Unterstützung von Wirtschaftsministerin Reiche

Weil die Ausschreibung "nur nach dem Preis geht", erklärte dann Herr Harms, wenngleich wachsend verständnislos. Zu den Mitgliedern des Ost-Ausschusses gehören übrigens viele große Unternehmen - von Linde und BASF bis zur Deutschen Bank und Siemens.

Mehr Geschäft sei "eine völlig legitime Forderung", findet nun auch CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche. Und Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, flankierte gestern, dass Deutschland und die EU künftig zuerst bedacht werden müssten bei Aufträgen. Ich fände das nur fair, und Sie?


Quelle: